Prozesskostenhilfe

Prozesskostenhilfe
Pro|zẹss|kos|ten|hil|fe, die <o. Pl.> (Rechtsspr.):
(bei Bedürftigkeit) finanzielle Hilfe für die einen Prozess führende Partei.

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Prozẹsskostenhilfe,
 
die vollständige oder teilweise Befreiung einer minderbemittelten Partei von den Prozesskosten (früher als Armenrecht bezeichnet). Nach §§ 114-127 a ZPO, auf die sich die anderen Verfahrensordnungen vielfach berufen (z. B. § 11 a Arbeitsgerichtsgesetz, § 73 a Sozialgerichtsgesetz), erhält eine Prozesspartei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (stets zu bejahen bei schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfragen, von denen die Hauptsacheentscheidung abhängt) und nicht mutwillig erscheint. Die Prozesspartei hat ihr Einkommen und soweit zumutbar ihr Vermögen zur Begleichung der Prozesskosten einzusetzen. Vom Einkommen sind gemäß § 115 ZPO verschiedene Beträge abzuziehen, z. B. Einkommensteuer, Sozialversicherungspflichtbeiträge, Werbungskosten, gesetzliche Unterhaltsleistungen. Von dem verbleibenden monatlichen Einkommen sind unabhängig von der Zahl der Rechtszüge höchstens 48 Monatsraten aufzubringen, deren Höhe sich aus der in § 115 ZPO eingefügten Tabelle ergibt. Unterlagen, die die Bedürftigkeit nachweisen, sind vorzulegen. Das früher erforderliche Armutszeugnis ist dadurch ersetzt, dass der Antragsteller seine Angaben auf Verlangen des Gerichts glaubhaft machen muss und das Gericht von Amts wegen Erhebungen anstellen kann.
 
Die Prozesskostenhilfe umfasst die Gerichtskosten und in bestimmten Fällen auch die Kosten des gewählten Anwalts. Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn Anwaltszwang besteht; sonst wird ein Rechtsanwalt auf Antrag nur beigeordnet, wenn dies erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Die Anwaltsgebühren werden von der Staatskasse vergütet. Über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entscheidet das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist oder anhängig gemacht werden soll, d. h. für jeden Instanzenzug gesondert. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe befreit die unterliegende Partei nicht von der Erstattung der dem Gegner entstandenen Kosten. - Im außerprozessualen Bereich kann ein bedürftiger Bürger kostenlose Rechtsberatung erlangen.
 
In Österreich ist die Prozesskostenhilfe (Verfahrenshilfe) in den §§ 63 ff. ZPO geregelt. Durch die Gewährung von Prozesskostenhilfe werden einer Partei, der durch die Prozesskosten eine Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts droht, die Prozesskosten (Barauslagen, Anwaltskosten) vorläufig erlassen. Bei Obsiegen der Prozesskostenhilfe genießenden Partei hat, wie in Deutschland, der Unterlegene alle Kosten zu tragen, verliert sie, ist sie von den eigenen Kosten befreit, hat dem Gegner aber Kostenersatz zu leisten. Lässt es die Vermögenslage der Partei zu, ist die Prozesskostenhilfe innerhalb von drei Jahren zurückzuzahlen (§ 71 ZPO, danach Verjährung). - In der Schweiz ist die Prozesskostenhilfe (oft veraltet noch Armenrecht oder nunmehr unentgeltliche Prozessführung, kurz uP genannt) meist in den entsprechenden Verfahrensgesetzen von Bund und Kantonen geregelt. Unter bestimmten, vom Bundesgericht in reichhaltiger Rechtsprechung entwickelten Kriterien besteht darüber hinaus von Verfassungs wegen ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe (Art. 4 Absatz 1 Bundesverfassung).
 
 
J. Dörndorfer: P. für Anfänger (21995);
 A. Schoreit u. J. Dehn: Beratungshilfe, P. (51995).

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Pro|zẹss|kos|ten|hil|fe, die <o. Pl.> (Rechtsspr.): Recht einer prozessführenden Partei, bei Bedürftigkeit von den Prozesskosten befreit zu werden.

Universal-Lexikon. 2012.

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